Tiefbunker Hachmannplatz - Unterwelt an der Kirchenallee
Geschrieben von Ingo Kirsch   
04.08.2008

Eine unscheinbare Gittertür führt in eine den Meisten unbekannte WeltHaltestelle Hauptbahnhof Nord, auf dem Weg von der U2 zum Schauspielhaus. Im Fußgängertunnel eine Tür, so wie es sie in Haltestellen zuhauf gibt. Für Trafos, Mülltonnen oder Schalttafeln. Aber über dieser steht „Öffentlicher Schutzraum Hachmannplatz – Bezirksamt Mitte“. Tausende eilen täglich durch diesen Tunnel, doch nur die wenigsten wissen, welche Parallelwelt sich, getrennt durch 2,50 m Beton, neben ihnen befindet.

Hier ist die Zeit stehen geblieben, exakt am 15. Februar 1968. An diesem Tag wurde die wieder instand gesetzte Anlage dem Bezirksamt übergeben. Seit dem wartet sie auf den Dritten Weltkrieg.

1940 wurde mit dem Bau des Bunkers begonnen. Die alliierten Flieger bedrohten deutsche Städte und das Dritte Reich begann ein gigantisches Bunkerbauprogramm.  Verkehrsknotenpunkte wie Bahnhöfe wurden bevorzugt mit Schutzräumen versehen. So entstand am Hamburger Hauptbahnhof außer dem riesigen Tiefbunker Steintorwall auf der Westseite auch der kleinere Tiefbunker Hachmannplatz auf der Ostseite. Während des Krieges fanden hier theoretisch 1000 Personen Schutz, bei Fliegeralarm dürften häufig drei- bis viermal so viele den Bunker aufgesucht haben.

Nach dem Krieg diente der Bunker kurzfristig als Notübernachtungsstätte. Der Plan, dort ein Kino einzurichten, scheiterte an den Kosten für einen Umbau. Eine Zeit lang wurde auch die heutige U2 auf einer Trasse geplant, welche einen Teilabbruch erfordert hätte. Während des Kalten Krieges erfolgten 1963 jedoch Überlegungen zur Wiederinstandsetzung, die 1965 zur Auftragserteilung führten.  Rund 3,1 Millionen DM waren damals für den Umbau geplant. Nach Osten hin wurde der Bunker erweitert und um einige während des Krieges nicht eingebaute Einrichtungen ergänzt. Ein Tiefbrunnen reicht bis auf 187 m Teufe und ein Dieselmotor sorgt für den Strom. So wollte man 1447 Personen für 14 Tage vor den Auswirkungen von atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen schützen. Für den Fall, dass der Dieselmotor ausfällt, waren zur Überbrückung Wassertanks und Handlüfter eingebaut, so dass man Zeit für eine Reparatur gewonnen hätte.

Schier endlose Reihen von hölzernen Sitzen für die SchutzsuchendenFeuerlöscher und Handkurbellüfter zwischen Sitzen und LiegenTypischer Liegeraum im Tiefbunker Hachmannplatz

Glücklicherweise wurde der Bunker nach dem Zweiten Weltkrieg niemals für seinen geplanten Einsatzzweck benötigt, völlig unbenutzt war er - im Gegensatz zu manchem anderen Bunkern in Hamburg - jedoch nicht. 1989 durften hier Bürger der damaligen DDR übernachten, die zuhauf die Hansestadt besucht hatten. Und während der Besorgnis um das „Jahr-2000-Problem“ hielt das Bezirksamt den Bunker in der Silvesternacht 1999 als Notquartier für eventuell strandende Zugpassagiere parat.

Heute liegt der Bunker in einem tiefen Dornröschenschlaf. Gelegentlich wird er daraus geweckt, zum Beispiel für Theateraufführungen des Schauspielhauses, Filmvorführungen oder - so wie im September 2008 – durch den Hamburger Unterwelten e.V. für den „Tag des offenen Denkmals“.

Regelmäßige Führungen bieten wir im weit größeren Tiefbunker Steintorwall auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs an.

 
 

© by Hamburger Unterwelten e.V. - alle Rechte vorbehalten.
Rechtliche Hinweise