Teilabbruch eines Röhrenschutzbauwerks in Hamburg-Eimsbüttel
Geschrieben von Klaus Pinker   
09.11.2009

Querschnitt durch einen 5-Röhren RöSchIm Laufe des August 2009 wurde wieder einmal ein Teilabbruch einer Hamburger Luftschutz-Anlage aus dem Zweiten  Weltkrieg durchgeführt. Die Anlage liegt auf acht unterschiedlichen Grundstücken, der fragliche Bauteil auf einem Grundstück (ca. 10 % der Anlage)  wurde mit Hilfe einer hydraulischen Fräse abgebrochen. Aufgrund dieser besonderen Eigentumsverhältnisse blieben glücklicherweise rund 9/10 der Anlage intakt. Allerdings waren schon vor einigen Jahren durch die eine Röhre zwei Fernheizungsrohre gelegt worden, so dass die Anlage ohnehin schon etwas beschädigt war. In den beiden Röhren stand zum Zeitpunkt des Teilabbruchs das Wasser etwa 50 cm hoch und im Inneren war eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit vorhanden.

Der Bautyp „Röhrenschutzbauwerk“ ( Kurzbezeichnung: RöSch, im Volksmund meist als „Röhrenbunker“ bezeichnet) ist in Hamburg recht häufig gebaut worden. Es sind insgesamt etwa 500 Exemplare dieses Bautyps erstellt worden, von denen heute noch etwa 350 in der einen oder anderen Form erhalten sind. Sie wurden oberirdisch, teilversenkt (dann meist angeböscht) oder unterirdisch gebaut und erreichten eine Länge von bis zu 80,00 m. Häufig errichtete man "Pakete" mit bis zu sieben Röhren nebeneinander. So wurden in Hamburg ca.  40 einröhrige, 35 zweiröhrige, 115 dreiröhrige, 80 vierröhrige, 12 fünfröhrige, 15 sechsröhrige und 2 siebenröhrige Anlagen errichtet.

Bauarbeiten an einem Röhrenschutzraum, 1941 (Archiv K.Pinker)

In einigen Gegenden Deutschlands bezeichnet(e) man Schutzräume dieser Art als "Deckungsgräben" und beruft sich dabei auf Unterlagen aus Berlin. In Hamburg jedoch wurde eine weitgehend eigene Entwicklung betrieben und Berliner Weisungen waren vielfach nur eine Art Rahmenrichtlinie. Es gab in Hamburg auch "Deckungsgräben", die sich aber von den Röhrenschutzbauwerken deutlich unterschieden: sie hatten einen rechteckigen Querschnitt, waren einsträngig (gestreckt oder zweimal abgewinkelt), fast ausschließlich oberirdisch oder höchstens teilversenkt und hatten schwächere Wände und Decken (60 – 80 cm). Im Übrigen galten sowohl die Röhrenschutzbauwerke als auch die Deckungsgräben nur als splittersicher und wurden offiziell auch nur so dargestellt. Trotzdem wurde (und wird noch heute!) in der Bevölkerung regelmäßig die Bezeichnung "Röhrenbunker" bzw. "Röhren-Bunker" verwendet.

Längsschnitt nach TeilabbruchQuerschnitt durch Decke mit 2 Matten BaustahlRöhre 2m breit mit Bankstützen und Zwischenwand

Diese hier konkret vorgestellte Luftschutz-Anlage in Eimsbüttel wurde in den Jahren 1941/42 erbaut, bestand aus zwei Röhren und hatte eine Länge von ca. 56,00 m und eine Breite von knapp 8,00 m. Die Röhren waren bzw. sind jeweils 2,00 m breit und weisen eine Firsthöhe von 2,25 m auf. Die Außenwand- und Deckenstärke beläuft sich auf jeweils 1,20 m, die Innenwandstärke auf ca. 0,60 m und die Sohle auf 0,80 m. Die Röhren wurden aus Stampfbeton ohne Eiseneinlagerung hergestellt. Lediglich an den Innenseiten von Wand und Decke hatte man eine Baustahlmatte einbetoniert, um ein mögliches Abplatzen und Herunterfallen von Betonbrocken bei Bomben(nah)treffern zu verhindern.

Steinstützen und Metall-Klappstütze für SitzbänkeWandmalereien in einem RöSchElektrischer Bunkerheizkörper

In der ersten Zeit des Krieges waren die einzelnen Röhren einfache, lange Räume, bei denen man von dem einen bis zum anderen Ende hindurchsehen konnte. Später wurden mehrere Zwischenwände in den Röhren vorgesehen und eingebaut, die gut die Hälfte der Röhrenbreite abdeckten und jeweils rechts und links versetzt angeordnet waren. Sie sollten verhindern, dass sich bei Bombentreffern eine gefährliche Druckwelle ungehindert durch die ganze Röhrenlänge ausbreiten konnte. Bei älteren Bauwerken wurden diese Wände vielfach nachgerüstet - so auch bei diesem hier näher vorgestellten Objekt. Interessant in diesem Zusammenhang ist folgendes Detail: Im Bereich der Zwischenwände verbleibt nur ein schmaler Durchgang und es gehen eine deutliche Anzahl an Sitzplätzen verloren, da hier keine Sitzbänke mehr angeordnet werden konnten. So ist man in dieser Luftschutz-Anlage offensichtlich auf die Lösung gekommen, dass man ein Sitzbrett vor und hinter einer Zwischenwand auf die Steinsockel legte und in der Mitte einen horizontal schwenkbaren Metallwinkel zur Unterstützung der Sitzbank anbrachte. Mit Hilfe dieser Konstruktion konnte der Verlust an Sitzplätzen minimiert werden.

Auer Luftförderer Modell M2400Waschbecken-Ausguß aus Steingut

Im Laufe des Krieges wurden in etlichen Schutzbauwerken Wandmalereien angebracht. In größeren Bauwerken geschah das teilweise staatlicherseits, während die Malereien in den Röhrenschutzräumen wohl von den Nutzern selbst oder aber mindestens auf Privatinitiative ausgeführt wurden. Thema der Malereien waren Hamburgensien, Humoresken und heimatkundliche Motive.
 
Ausgestattet war dar hier beschriebene Röhrenschutzraum offensichtlich nur mit Sitzplätzen (Fassungsvermögen 103 Plätze), Aufhängevorrichtungen für Klappliegen waren jedenfalls nicht erkennbar. Die Sitze waren einfache Holzbretter, die auf Steinsockeln ruhten. Irgendwelche Hinweise auf klappbare Sitze oder gar Liegen sind an den Wänden nicht erkennbar.

Ansonsten war dieser Schutzbau mindestens ausgestattet mit:

  • Eingang am einen Ende
  • Notausgang am anderen Ende, 
  • zwei Steingutwaschbecken (!), 
  • zwei Auer-Luftförderern M2400 (RL 4 - 38/11, Herstellungsjahr 1940, Fabrik-Nr. 127464 und 128535, Leistung je 2,4 m³ Luft / min. bei 25 Doppelhüben / min), 
  • vier WCs
  • diversen elektrischen Heizkörpern. 
 
 

© by Hamburger Unterwelten e.V. - alle Rechte vorbehalten.
Rechtliche Hinweise