Tiefbunker Helgoländer Allee - Ein Blick in die Vergangenheit
Geschrieben von Michael Grube   
21.10.2007

Treppenhaus im TiefbunkerWer häufiger die Helgoländer Allee zwischen Landungsbrücken und dem östlichen Ende der Reeperbahn benutzt, dem mögen sie schon einmal aufgefallen sein – zwei direkt nebeneinander liegende, vermauerte Eingänge im Hang unterhalb der Jugendherberge. Hinter diesen Mauern verbirgt sich der ehemalige Zugang zu einem Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Sein heutiger Zustand war bisher unbekannt – am 20.10.2007 hatten die Mitglieder des Vereins Hamburger Unterwelten e.V. erstmals Gelegenheit, das Bauwerk zu erkunden.

Um kurz nach acht Uhr morgens ging es los: Der Ortsverband Mitte des Technischen Hilfswerkes rückte mit einem Zug an und begann gegen etwa 8:45 Uhr, mittels Bohrhammer ein Loch in eine der Mauern zu stemmen. Nach einiger Zeit war der Einsteig groß genug, doch hinter der Mauer wartete ein neues Hindernis in Form einer verschweißten Stahltür, die zunächst ebenfalls überwunden werden mußte. Nach Öffnung der Tür mittels Trennschleifer erkundete das THW das Bauwerk zunächst unter schwerem Atemschutz hinsichtlich der Sicherheit, nahm Gasmessungen vor und prüfte, ob die Luft im Inneren gesundheitlich unbedenklich sei. Die Messungen ergaben gute Werte und so konnte der Verein Hamburger Unterwelten e.V. mit der Begehung, Vermessung und Dokumentation der Anlage beginnen. Als Gäste mit von der Partie waren auch Vertreter der Berufsfeuerwehr Hamburg, der Bodendenkmalpflege, des Fledermaus-Projekts des BUND, Mitglieder des Vereins unter hamburg und Vertreter der Medien.

Das THW öffnet die MauerVorbereitung auf den Einsatz unter schwerem Atemschutz 

Hier unten am südlichen Ende der Helgoländer Allee, nahe der Landungsbrücken und nur wenige hundert Meter vom alten Elbtunnel entfernt, wo täglich Tausende von Arbeitern von und zur Arbeit in den für die Nationalsozialisten kriegswichtigen Werften und Betrieben am Südufer der Elbe strömten, waren Luftschutzbunker natürlich besonders wichtig. Dementsprechend wurde hier bereits sehr früh mit dem Bau solcher Anlagen begonnen. Der Beginn der Bauarbeiten an dieser Stelle fand schon am 23.10.1939 statt, die Betonarbeiten waren am 19.03.1941 beendet, am 10.04.1941 wurde dieser Bunker schließlich in Betrieb genommen.

Bei dem Bauwerk handelt es sich um einen dreistöckigen, in einen Hang hinein gebauten Tiefbunker. Von diesem speziellen Bunkertyp wurden in Hamburg nur zwei Exemplare gebaut. Der kreisrunde Bunker mit einem Durchmesser von rund siebzehn Metern und einer Höhe von etwa neun Metern bot hinter seinen 1,4m starken Betonmauern während des Krieges 630 Schutzplätze. Wahrscheinlich war er, wie damals fast alle Luftschutzbunker, bei Luftangriffen häufig überbelegt – Schätzungen gehen dabei von bis zu eintausend Schutzsuchenden aus.

Nach Kriegsende verliert sich die Spur des Bunkers zunächst, über seine Nutzung während der Nachkriegsjahre ist nur wenig bekannt. Wahrscheinlich wurde er zumindest für kurze Zeit als Behelfs-Wohnraum benutzt, später auch zur Lagerung von Kartoffeln. Als man die noch vorhandenen Bunker Anfang der sechziger Jahre auf ihre Eignung für den Zivilschutz im „Kalten Krieg“ hin überprüfte, wurde das Bauwerk nicht wieder hergestellt. In der Folgezeit wurde zumindest das unterste Stockwerk einige Zeit zur Pilzzucht benutzt. Es folgte eine „wilde“ Nutzung durch Unbefugte, teils für „Parties“, teils als Nachtquartier. Um diesen Treiben Einhalt zu gebieten und der Verkehrssicherungspflicht Genüge zu tun, ließ die Stadt das Bauwerk permanent verschließen. Seit diesem Zeitpunkt hat kein Mensch mehr einen Fuß in das Bauwerk gesetzt.

Ein letzter Blick in Richtung AussenweltWandbeschriftung in der SchleuseSchleuse im Obergeschoss 

Aufgrund der Lage des untersten Stockwerks unterhalb des Geländeniveaus wurde zunächst damit gerechnet, dass dieses im Laufe der Zeit voll Wasser gelaufen sein könnte. Schon bei der ersten Begehung stellte sich das Bauwerk als recht trocken heraus – aber eben nicht ganz. Sämtliche Metallgegenstände wie Gasschutztüren und Rohrleitungen sind heute, so weit sie noch vorhanden sind, vom Rost befallen und teilweise fast komplett zersetzt. Die hölzernen Sitzbänke sind längst nicht mehr vorhanden, wahrscheinlich wurden sie von der Not leidenden Bevölkerung in den harten Nachkriegswintern im wahrsten Sinne des Wortes verheizt. Einzig die Wände und einige Wandbeschriftungen erinnern heute an die schreckliche Zeit, welche die Schutzsuchenden während der Bombenangriffe hier unten verbracht haben mögen. Trotz der Leere der Räume vermittelte die Anlage doch allen Beteiligten ein Gefühl für die bedrückende Atmosphäre, die hier während des Krieges geherrscht haben muß.

Die Technik: Verrottet und verrostet ...Blick in eines der engen TreppenhäuserEnde der Dokumentation - das Bauwerk wird verschlossen 

Nach Abschluß der Foto- und Filmdokumentation des Bunkers wurde der Zugang von einem Fachbetrieb wieder sicher verschlossen. Lediglich ein neuer Einflugschlitz für Fledermäuse wurde geschaffen – in der Hoffnung, dass diese hier in Zukunft Quartier beziehen werden. Sie werden für die nächsten Jahrzehnte sicherlich die Einzigen sein, die das Bauwerk von innen sehen.

Auch die Medien berichteten ausführlich. Einige Fernsehbeiträge sind auch online abrufbar, so etwa die von ZDF und RTL

An dieser Stelle danken wir allen beteiligten Organisationen und Behörden für die gute und unkomplizierte Zusammenarbeit. 

 
 

© by Hamburger Unterwelten e.V. - alle Rechte vorbehalten.
Rechtliche Hinweise