Eiskeller und Brauereigewölbe
Geschrieben von Michael Grube   
02.06.2007

EiskellerBrauerei-, Wein- und Eiskeller – diese Begriffe verbindet man eher mit den meist zumindest hügeligen Landschaften Mittel- und Süddeutschlands als ausgerechnet mit der norddeutschen Tiefebene. Wir haben diesen Themenbereich einmal etwas näher betrachtet und dabei zum Teil Interessantes entdeckt.

Vor der Erfindung der modernen Kühltechnik bestand natürlich auch in Hamburg die Notwendigkeit zur Kühlung verschiedenster, meist verderblicher Waren. Als wichtiger Hafen und Handelszentrum verfügte die Stadt schon recht früh über eine große Zahl von Eisfabriken, Eislagern und Eiskellern. Nicht anders im Brauereigewerbe: Ende des dreizehnten Jahrhunderts gab es in Hamburg noch sage und schreibe 457 Brauereien – damit war die Hansestadt führend in der Braukunst Norddeutschlands und nach Berlin zweitwichtigster Brauereistandort Deutschlands.

Nur wenige Brauereibetriebe, meist zu Großbrauereien zusammengefasst, haben bis zum heutigen Tag überlebt, die Eiskeller wurden schon längst durch modernste Kühllagerhäuser ersetzt - die baulichen Spuren der Geschichte sind zum größten Teil bereits seit Jahrzehnten verschwunden. Nicht nur die Zerstörungen der Bombenangriffe des Zuweiten Weltkriegs, auch der folgende Wiederaufbau und nicht zuletzt die Modernisierung der Stadt während der letzten sechzig Jahre haben viele dieser Relikte verschwinden lassen.

Um so erstaunter waren wir, bei unseren Recherchen auf noch vorhandene, baulich interessante Anlagen zu stoßen, die heute zum Teil gastronomisch genutzt und damit im eingeschränkten Maße für den Besucher frei zugänglich sind. Diese Beispiele möchten wir Ihnen nicht vorenthalten, bieten sie doch jedem Interessierten die Möglichkeit, einmal einen Blick in längst vergangene Zeiten zu werfen:

Bekanntestes Beispiel ist sicherlich der Gröninger Keller. Dieses auf der Grimminsel an der heutigen Willy-Brandt-Straße 47 gelegene Grundstück wurde urkundlich erstmals um 1260 erwähnt und ist der älteste Gasthof im Innenstadtbereich der Hansestadt Hamburg. Am 22. Mai 1722 ersteigerte Johann von Overbecken das Objekt auf einer öffentlichen Auktion, um 1750 begannen die inzwischen neuen Eigentümer, Langes Erben, mit der Erneuerung des Vorderhauses, dessen Fassade bis heute fast unverändert ist. Erst nach einem erneuten Besitzerwechsel stellte Heinrich Wülfgen den Bau um 1762 fertig. Damals erstreckte sich das 11,50m breite und 120m tiefe Grundstück von der damaligen Gröningerstrasse im Norden (heute direkt an der Willy-Brandt-Straße) bis zur Straße „Bei dem Zippelhause“ am Doovenfleet. Zugänge zum heutigen Zollkanal und zum Gröningerstrassenfleet ermöglichten den An- und Abtransport von Waren auf dem Wasserweg. Nach dem Auktionsprotokoll 3, Band 82, Stichtag 4. Juni 1793 durfte der damalige Eigentümer, der Brauerbe Johan Hinrich Schmeichel, auf diesem Grundstück Bier brauen. Er betrieb Brauerei und Gasthof bis 1819. Da alle nachfolgenden Eigentümer (Johan Georg Heise bis zum 30. Oktober 1861, Gottlieb Seidel und Johan Jürgen Wilhelm Benthaack bis 1893) Brauerben waren, ist es wahrscheinlich, daß sie hier auch weiterhin eine Hausbrauerei betrieben. Bis 1982 wurde das Objekt nun anderweitig, meist durch Kaufleute genutzt. Das Fleet wurde verfüllt und die Gröningerstrasse verschwand bis auf kleinere Überreste beim Bau der Ost-West-Strasse zwischen 1953 und 1963. Seit Anfang der Achtziger Jahre wird hier wieder Bier gebraut und ausgeschenkt, zunächst im kleinsten Rahmen, heute liegt der Ausstoß bei rund 200.000 Liter pro Jahr. Die Gasträume liegen in den teilweise noch fast original erhaltenen Kellern des Grundstücks und geben Zeugnis verschiedenster Bauabschnitte und –Stile. Aber auch das leicht süßliche, süffige Bier des Hauses macht einen Besuch lohnend.

Ein weites, baulich interessantes Kleinod ist der in den Hang des Schwarzenbergs hinein gebaute, ehemalige Bierkeller von Hastedt's Brauerei an der Buxtehuder Strasse 35. Dieser Brauereikeller wurde etwa Mitte des neunzehnten Jahrhunderts vom Brauereibesitzer, Senator und Kommerzienrat Wilhelm Hastedt betrieben. Im Jahr 1897, der Schankbetrieb war inzwischen eingestellt, wurde das Backsteingewölbe überbaut. Auf dem Grundstück entstand ein repräsentatives, zweigeschossiges Villengebäude mit eigenem Keller, der ehemalige Brauereiheller blieb ungenutzt und geriet fast in Vergessenheit. Erst, als in den neunziger Jahren vor dem Haus ein Parkplatz gebaut wurde, stieß man beim Abtrag des Hanges wieder auf das Gewölbe. Der Hang wurde mit einer stilistisch weder zum Gebäude noch zum Keller passenden Klinkerwand abgestützt, hinter einer Ladentür aus Glas und Aluminium erwartet den Besucher als fast grotesk wirkender Kontrast der historische Keller. Die Besitzer der Weinhandlung, die hier heute leckere Weine und Schokoladen-Spezialitäten, Weinproben und Veranstaltungen anbieten, haben das Gewölbe vom Schutt befreit und es mit viel Engagement behutsam nutzbar gemacht. Auch hier lohnt ein Besuch in architektonischer wir in kulinarischer Hinsicht.

Auch einen der damals typischen, runden Gewölbe-Eiskeller der Gastronomie findet man noch heute in Hamburg. Unter dem direkt an der Elbe gelegen Garten des noblen Hotels Louis C. Jacob an der Elbchaussee 401 wurde bei Bauarbeiten in den neunziger Jahren der längst vergessene, vor 1765 gebaute Eiskeller des Hauses wieder entdeckt. Er diente damals zur Aufbewahrung und Lagerung der im Winter auf der zugefrorenen Elbe geernteten Eisblöcke und natürlich als gekühlte Speisekammer. Mit einem Durchmesser und einer Höhe von jeweils rund neun Metern erscheint er recht klein, dürfte aber in der Größe sicherlich für ein Gasthaus schon recht großzügig bemessen gewesen sein. Nach der Entdeckung des Gewölbes entschloss sich die Hotelleitung, das Bauwerk zu erhalten und durch eine Treppe vom Hotel aus zugänglich zu machen, ohne jedoch weitere, unnötige Schäden zu verursachen. Heute wird der Eiskeller bei speziellen Veranstaltungen und Gästeführungen des Hotels genutzt und ist damit zumindest für Gäste des Hauses zugänglich.

Einige weitere Eis- und Brauereikeller sind noch in Hamburg erhalten, wurden aber meist als Archiv, Garage oder für andere Zwecke umgebaut und befinden sich in privater Hand.

Zur Illustration haben wir QTVR-Panoramen gewählt, da diese einen besseren Eindruck des Raums vermitteln. Zur Anzeige benötigen Sie das kostenlose Quicktime-Plugin. Zum Bewegen im Raum einfach den Mauszeiger bei gedrückter linker Maustaste auf dem geöffneten Panorama bewegen.

Wir danken den Unternehmen Privatbrauerei Gröninger, Eiskeller Event und Louis C. Jacob für die freundliche Unterstützung.

 
 

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