Elbtunnel Hamburg - Ingenieurskunst unter der Elbe
26.01.2009

Willkommen im ElbtunnelDer Hamburger Elbtunnel - Nadelöhr des Nordens, Quelle ewiger Staus, aber auch Lebensader der Wirtschaft und wichtiges Bauwerk der Nord-Süd-Achse A7 / E45. Aber vor allem ein Wunderwerk der Technik und das in beiden Bauabschnitten.

Genau 34 Jahre nach der Eröffnung der ersten drei Röhren am 10.Januar 1974 hatten  Mitglieder des Hamburger Unterwelten e.V. die Möglichkeit, den Elbtunnel einmal aus einer anderen Perspektive zu erleben. Mitarbeiter des Tunnelbetriebsdienstes lieferten alle Informationen über den Bau der ersten Röhren, den Bau der vierten Röhre, die Funktion und Aufgaben der Tunnelbetriebszentrale und vor allem die Funktion der umfangreichen Lüftungsanlagen in interessanten Filmen und einer ausgezeichneten Führung durch die Anlagen über dem Nordportal.

Nach einer kurzen Begrüßung ging es in einen modernen Vortragsraum direkt über dem Nordportal  des Tunnels. Viele Autofahrer werden sich schon gefragt haben, was sich hinter den Bullaugen über dem Nordportal verbirgt. Beim Bau der 4. Röhre wurden die drei alten Röhren um 160 Meter verlängert. Um den Verkehr nicht noch mehr zu behindern, wurden hierzu Betonplatten gegossen und dann in einem Vorschubverfahren über die Fahrbahnen geschoben. Hierbei entstand zwischen der Tunneldecke und dem Geländeniveau ein großer Hohlraum. In diesem befindet sich heute eine große Tiefgarage, der "Bauhof" des Elbtunnels und eben auch, direkt über dem Portal, Vortragsräume.

Hier konnten wir uns erst einmal durch einen Film einen Eindruck davon machen, was es für eine Leistung war, zwischen 1968 und 1973 die ersten drei Röhren des Neuen Elbtunnels zu errichten. Zwischen den ersten Rammstößen am 19.06.1968 und der Eröffnung am 10.01.1973 durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt lagen gerade einmal 4,5 Jahre. Und in diesem Zeitraum wurden 3 Röhren von jeweils 2.813 Meter Länge in drei verschiedenen Bauverfahren erstellt. Der Anfang im Süden wurde in offener Betonbauweise erstellt, für den Durchbruch unter dem Elbhang im Norden wählte man den Schildvortrieb und unter der Elbe wurden vorgefertigte Tunnelsegmente eingeschwemmt. Diese 8 Segmente - jedes 132 Meter lang, 41,7 Meter breit und 8,4 Meter hoch bei einem Gewicht von 46.000 t - wurden in einem trockengelegtem Hafenbecken gebaut. Nachdem das Becken dann geflutet wurde, sind die Elemente aufgeschwommen und wurden in die exakte Position geschleppt.  Hier wurden sie dann in eine ausgebaggerte Rinne versenkt und miteinander verbunden. Diese Segmente bestehen aus den 3 Röhren nebeneinander und den Lüftungstunneln unter und über der Fahrbahn. Alle Elemente wurden mit Dichtungen verbunden und sollen eine Lebenszeit von ca. 100 Jahren haben. Über dem Tunnel wurden im Norden das Lüftergebäude / die Betriebszentrale, im Süden ein Lüfterbauwerk und Betriebsräume und direkt an der Elbe am Museumshafen Ovelgönne das Lüfterbauwerk Mitte erbaut.

Schautaffel der Dichtung zwischen den Tunnelsegmenten

In einem zweiten Film konnten wir uns dann über den Bau der 4. Röhre informieren. Bereits sehr bald nach der Eröffnung des Elbtunnels war klar, dass die errechneten Kapazitäten von 65.000 Fahrzeugen pro Tag nicht ausreichen werden. Doch sollte es bis 1993 dauern, bis der Hamburger Senat den politischen Willen zum Bau der 4. Röhre erklärte. Dann dauerte es noch einmal 4 Jahre bis zum Baubeginn im Oktober 1998. Diesmal wurde die gesamte Tunnelstrecke im Schildvortriebverfahren erstellt. Dazu wurde die größte Tunnelbaumaschiene der Welt mit 14,2 Meter Durchmesser eingesetzt. Diese wurde auf den Namen TRUDE - Tief runter unter die Elbe - getauft. das Schneidrad ist heute vor dem Museum der Arbeit in Barmbek ausgestellt.

Anschließend durften wir die Tunnelbetriebszentrale besichtigen. Hier werden alle Funktionen des Tunnels, der Verkehr und die Sicherheit  rund um die Uhr an 3 Arbeitsplätzen von jeweils einem Mitarbeiter des Tunnelbetriebsdienstes, der Feuerwehr Hamburg und der Polizei Hamburg überwacht. An der Stirnseite des Raumes ist eine Übersicht des Tunnels - hier wird jede Anzeige der Lichtsignale im Tunnel, jede Stellung der Schranken und der Zustand der Höhenkontrolle angezeigt. Zusätzlich sind in dieser Wand 72 Monitore für alle Überwachungskameras im und vor dem Tunnel eingebaut. Von den drei Arbeitsplätzen aus können alle Funktionen des Tunnels überwacht und gesteuert werden. Bei Brand- und Rettungseinsätzen werden diese vom anwesenden Feuerwehrbeamten koordiniert, von hier werden auch die Löschfahrzeuge eingesetzt, die direkt an der Betriebszentralle und am Betriebsgebäude des Südportals stationiert sind. Sämtliche Aufgaben der Verkehrslenkung, insbesonderst auch die Tunnelsperrungen bei Auslösung der Höhenkontrolle, obliegen dem Polizeibeamten. Die allgemeine Tunneltechnik wird dann von dem Mitarbeiter des Tunnelbetriebsdienstes behandelt. Da wir als Besonderheit in unserer Führung einen Lüftungstunnel unter der Fahrbahn und die Lüfterhalle besichtigen durften, konnten wir die Aufgaben der Polizei und des Tunnelbetriebsdienstes direkt erleben. Um den Bereich unter der Fahrbahn betreten zu dürfen, muss die entsprechende Röhre, in diesem Fall die ehemalige Weströhre, heute Röhre 3, gesperrt und die Lüfter abgeschaltet und gesichert werde.

Der Kontrollraum mit den 3 Arbeitsplätzen und der ÜbersichtswandÜbersicht der Südeinfahrt mit den ersten Kameras im Tunnel. Alle Signallampen sind als Test eingeschaltet.
Die Nordseite mit allen eingeschaltetetn SignallampenArbeitsplatz der Polizei

 Nachdem die Röhre nun für den Verkehr gesperrt war, konnten wir in das Lüfterbauwerk Nord gehen und dort dann endlosen Treppen bis unter die Fahrbahn folgen. Bei den drei "alten" Röhren wurde jeweils unter der Fahrbahn ein Zulufttunnel und über der Fahrbahn ein Ablufttunnel gebaut. Diese Tunnel haben jeweils einen Querschnitt von 12,4 m² und können somit problemlos begangen werden. Es besteht sogar für große Menschen Stehhöhe! Die Tunnel sind jeweils 1462 Meter lang und reichen bis zum Lüfterbauwerk Mitte in Ovelgönne am Hafen. Wenn die Zuluftventilatoren auf voller Leistung laufen, dann werden jeweils 166 m³ Luft von der Nordseite und der Mitte pro Sekunde in jeden Zulufttunnel gedrückt. In kurzen Abständen befinden sich beidseits im Tunnel Luftschächte, die die Frischluft zum Fahrtunnel leiten. Ein zweites Lüftungstunnelsystem verbindet das südliche Lüftergebäude mit dem Mittleren.

Der Zulufttunnel unter der Fahrbahn.Der Zulufttunnel mit Vereinsmitgliedern - ein GrößenvergleichLüftungskanal zur Fahrbahn

 

Im Lüftergebäude Mitte wird allerdings nur Zuluft in die Lüftungstunnel geblasen. Da aber bei einer Zuluftleistung von 320 m³ / sek. die Abluftleistung dieser entsprechen muss, sind die Ablüfter in der nördlichen Lüfterhalle entsprechend größer dimensioniert. Diese Lüfterhalle war nun die letzte Station unserer Führung. Hier stehen dann die Zuluftventilatoren, blau gestrichen, und die Abluftventilatoren in Rot einträchtig nebeneinander.

Gedenktafel im Eingang des LüftergebäutesAbluft- und Zuluftventilatoren

Diese ca. 6 Meter hohen Lüfter enden dann auf dem Luftansaugboden. Hier sind einfach Gitter in den Boden eingelassen und unter den Gittern sind direkt die Propeller der Lüfter zu sehen. Diese Gitter haben einen Durchmesser von ca. 2,50 Metern und die Luft wird bei voller Leistung mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h eingezogen. Zur Demonstration wurde dann ein Lüfter angefahren und schrittweise bis zur höchsten Stufe hochgefahren. Eine Unterhaltung war dann nicht mehr möglich und es wurde doch sehr zugig auf dem Boden... An der Außenwand dieser Ebene zieht sich über die gesamte Front ein ca. 2 Meter hoher Schlitz hin, der nachträglich mit Lamellen zur Schalldämmung versehen wurde. Dadurch wurde der Querschnitt der Lufteinlässe natürlich verkleinert und dadurch die Strömungsgeschwindigkeit erhöht. Wenn alle Zulüfter in voller Leistung laufen, dann werden mehr als 650 m³ Luft pro Sekunde angesogen und ein Mensch könnte sich in diesem Raum nicht mehr auf den Beinen halten.
 
Luftansaugboden mit VereinsmitgliedernSchutzgitter mit LüfterradZuluftpropellerLärmschutzlamellen an den ZuluftöffnungenZuluftöffnung von Außen
 
Mit diesen Eindrücken war die Führung dann nach knapp 4 Stunden beendet. An dieser Stelle noch einmal einen ganz herzlichen Dank an alle Mitarbeiter des Tunnelbetriebsdienstes, die uns ihren Arbeitsbereich so freundlich und kompetent nahe gebracht haben und bis zum Schluss jede Frage der neugierigen Unterweltler beantwortet haben.
 
 

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