Am 25. und 26. Juli 2008 konnten die Vereinsmitglieder des Hamburger Unterwelten e.V. sich umfassend über den Wasser- und Abwasserkreislauf in Hamburg informieren. Dabei hatten wir Gelegenheit, auch Anlagen und Bauten zu besichtigen, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind.
Die Besichtungstour begann am Freitagvormittag mit einem Besuch auf der Elbinsel Kaltehofe. Etwa zwei Stunden lang konnten wir die der Öffentlichkeit sonst nicht zugängliche Anlage besichtigen. Entstanden ist das Filterwerk Anfang der 1890er Jahre. Beim Ausbruch der verheerenden Choleraepidemie im August 1892 war die Anlage allerdings noch im Bau. Die mangelhafte Trinkwasserversorgung mit bis dahin ungefiltertem Elbwasser hat damals wohl maßgeblich zu der raschen Ausbreitung der Krankheit beigetragen. Die Filterbecken wurden dann auch mit Hochdruck weiter gebaut und konnten im Mai 1893 in Betrieb genommen werden. Bis 1990 wurde hier das etwa 5 km stromaufwärts auf der Billwerder Insel geschöpfte Elbwasser in Sandfiltern gereinigt und über das Pumpwerk Rothenburgsort in die Trinkwasserversorgung der Stadt eingespeist. Seit der Stilllegung liegt die in dieser Form heute wohl europaweit einzigartige Anlage in einem Dornröschenschlaf. Die Hamburger Wasserwerke führen die zum Erhalt und zur Sicherung der Gebäude und Anlagen notwendigen Arbeiten aus, ansonsten bleibt das Gelände sich selbst überlassen. So sind einige Filterbecken inzwischen verlandet, Teile des Geländes sind überwuchert, die Natur hat weite Teile der Elbinsel zurückerobert. Bei dieser seltenen Gelegenheit eines Rundganges über das schon fast idyllische Gelände konnten wir nach einer sehr informativen Einführung die Anlage mit den Filterbecken, den kleinen runden Schieberhäuschen, Resten der Feldbahnanlage und dem Gebäude der Verwaltung und des Hygieneinstituts ausgiebig besichtigen. Insgesamt ein hochinteressanter Besuch, der so leider nur sehr selten möglich ist.
Der zweite Exkursionstag begann am Samstagvormittag ebenfalls in Rothenburgsort. Herr Wiedey führte uns durch die Ausstellung des Wasserforums und gab uns einen ausführlichen und sehr interessanten Einblick in die Geschichte und auch in die aktuelle Technik der Wasserversorgung in Hamburg. Angefangen bei den hölzernen Feldbrunnenleitungen aus dem Mittelalter, mit denen erstmals kleine Wasserversorgungsnetze für gutbetuchte Bürger eingerichtet worden waren, über die bekannten Hamburger Wasserträger und die ersten mit Pumpwerken betriebenen Alsterwasserkünste bis hin zum großen Brand im Jahre 1842 führte uns das erste Kapitel der Geschichte der Hamburger Wasserversorgung. Der Brand von 1842 bedeutete dabei einen entscheidenden Wendepunkt, denn damals wurde nicht nur ein Großteil der bis dahin bestehenden, kleineren Anlagen zerstört, er gab schließlich auch den Anstoß zum Bau eines städtischen Wasserversorgungssystems, der Stadtwasserkunst. Der englische Ingenieur William Lindley erhielt vom Hamburger Senat den Auftrag, eine leistungsfähige Trinkwasserversorgung und auch eine Abwasserentsorgung aufzubauen. Beides wurden die ersten Anlagen ihrer Art auf dem europäischen Kontinent. Lindley ließ ein dampfgetriebenes Pumpwerk in Rothenburgsort und ein Schöpfwerk am Oberlauf der Elbe errichten. Im Sommer 1848 wurde das erste Wasser geliefert. Auf eine damals schon von Lindley vorgeschlagene Filteranlage wurde zunächst verzichtet. Erst in den 1890er Jahren wurde das Filterwerk Kaltehofe errichtet. Und ab 1905 wurde bereits Grundwasser für die Trinkwasserversorgung gefördert, heute die einzige Quelle der Wasserversorgung in Hamburg. Am Nachmittag konnten wir uns dann ausgiebig über den zweiten Teil des Wasserkreislaufs, die Stadtentwässerung, informieren. Im Informationszentrum der HSE neben dem Pumpwerk Hafenstraße erhielten wir zunächst mit einem kurzen Film einen Einblick in die Geschichte und den Aufbau des Sielwesens in Hamburg. Nach einer sielmäßigen Einkleidung und Sicherheitsbelehrung konnten wir unter fachkundiger Führung dann das Sielmuseum besichtigen, in dem vielerlei von Mitarbeitern der Stadtentwässerung im Laufe der Jahrzehnte aus den Sielen gefischte Kuriositäten ausgestellt sind. Und dann ging es endlich auch in die Unterwelt. Höhepunkt der Besichtigung des Pumpwerks Hafenstraße und der zugehörigen Anlagen war sicherlich die sogenannte Bootskammer, ein historisches Gewölbe am Zusammenfluss zweier großer Stammsiele, in dem früher die Boote zur Befahrung der Siele gelagert und eingesetzt wurden. Die aus Ziegelmauerwerk bestehende Halle war sehr eindrucksvoll und wurde ausgiebig fotografiert. Außerdem konnten wir noch eine Rechenanlage (die uns in Aktion vorgeführt wurde) und den Maschinenraum des Pumpwerks besichtigen. Den gelungenen Abschluß dieses hoch interessanten Tages bildete dann noch der Besuch des Alsterdükers an der Lombardsbrücke. Ein ehemaliger Mitarbeiter der HSE führte uns durch die Räume und erklärte uns die Anlagen sehr ausführlich. Es handelt sich bei dem Düker um eine im Jahre 1870 angelegte Rohrverbindung zweier großer Stammsiele unter der Alster hindurch. Diese Anlage ist heute nicht mehr in Betrieb, wurde aber in den 1990er Jahren restauriert und wird von den Hamburger Wasserwerken als Denkmal der Stadtentwässerung weiterhin erhalten. Die beiden Räume an den Enden des Dükers, das Dükerober- und –unterhaupt, sind über enge Tunnel in den Brückenköpfen der Lombardsbrücke zugänglich. Im Oberhaupt auf der Ostseite der Alster befindet sich ein rekonstruiertes Getriebe, mit dem per Handkurbel Sperrtore in das Siel vor dem Düker bewegt werden konnten. Am Dükerunterhaupt auf der Westseite liegt eine weitere Bootskammer, von der aus die Sielbefahrungen in Richtung Hafenstraße / Elbe starteten. Von hier aus besichtigte einst der deutsche Kaiser das damals schon hochmoderne Sielnetz Hamburgs. Auch diese Räume sind der Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich. Die Teilnehmer haben an diesen beiden Tagen einen umfassenden und hochinteressanten Einblick in die Geschichte der Trinkwasserversorgung und der Stadtentwässerung in Hamburg und damit in einen ganz wesentlichen Teil der unterirdischen Geschichte der Stadt erhalten und konnten viele Einblicke gewinnen, die der Öffentlichkeit sonst verborgen bleiben. Dafür sei Hamburg Wasser, den Referenten und allen Beteiligten an dieser Stelle nochmals ganz herzlich gedankt. |