Der Gauleiter-Kaufmann-Bunker
Geschrieben von Oliver Wleklinski   
26.05.2010

Südostansicht des Bunkers. Im Vordergrund liegt der im Frühjahr 1945 verstärkte Notausgang. Links davon sind 2 Pfeiler zu sehen, die die Deckenverstärkung tragen.In einer der schönsten und teuersten Gegenden Hamburgs am Westufer der Außenalster im Harvestehuder Weg 12 wurde 1884 das Budge-Palais, eine Prunkvilla mit Spiegelsaal, Kegelbahn, Theatersaal usw., erbaut. 1937 beschlagnahmte die Stadt das Gebäude und ab Januar 1938 residierte in der Villa der Reichsstatthalter und Gauleiter Karl Kaufmann. Zum Schutz vor Luftangriffen ließ er sich auf dem Grundstück wenig später einen eigenen Bunker errichten.

Baugeschichte

In der Spannungszeit September 1938 (Sudetenkrise, Münchener Abkommen) hatte Kaufmann zunächst entschieden, keinen besonderen Luftschutzbunker im Garten der Reichsstatthalterei zu errichten. Dennoch hatte die Hochbauabteilung Nord der Hamburger Bauverwaltung im Oktober 1938 zwei Entwürfe für einen volltreffersicheren Schutzraum vorgelegt. Ein Entwurf war eine Minimallösung mit nur zwei kleinen Räumen und Ausmaßen von 12,20 m Länge und 5,70 m Breite. Der 2. Entwurf kam mit Maßen von 5,80 m x 22,00 m und vier Räumen mit zwei vollwertigen Zugängen dem später verwirklichten Entwurf schon recht nahe.

Kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges, am 29.08.1939, ordnete Kaufmann jedoch an, den Schutzraum in der Villa zur Unterbringung des Führerstabes und der Belegschaft auszubauen. Am 26.09.1939 wurde auf einer Besprechung über die Errichtung eines separaten Bunkers auf dem Gelände Harvestehuder Weg 12 / Magdalenenstraße 50 entschieden. Als Ergebnis hielt man fest, daß ein kleiner Bunker 27.000,- bis 30.000,- RM, ein größerer Bunker 60.000,- RM kosten würde. Als schwierig wurde die Beschaffung von ca. 200 t Zement und ca. 25 t Rundeisen beurteilt. Man rechnete mit einer Beschaffungsdauer von mehreren Monaten. Die Bauzeit des größeren Bunkers sollte bei einer Schicht rund 60 Tage dauern.

Eine erneute Kostenschätzung am 13.11.1939 ergab Kosten in Höhe von 140.000,- RM. Die Finanzierung sollte entsprechend der übrigen Befehlsstände der Polizeiverwaltung laufen, d.h. aus Mitteln des Luftgaukommandos. Die Frage des Kostenträgers sollte aber später noch zu ausgedehntem Schriftverkehr mit zahlreichen Stellen führen, da niemand sich für die Kostenübernahme zuständig fühlte.

Am gleichen Tage legte Kaufmann fest, wie der neue Schutzbunker zu betiteln sei, nachdem eine individuelle Benennung jeder beteiligten Stelle Verwirrung aufkommen ließ: “Befehlsstelle des Reichsverteidigungskommissars im Wehrkreis X“.

Am 09.11.1939 war bereits der Bauauftrag unterschrieben worden, so daß kurze Zeit später mit den Arbeiten begonnen werden konnte. Folgende Baufirmen kamen zum Einsatz: Hermann Doss, Hermann Freudenberg, A.C. Vorwald & Sohn, Arthur Rotherbaum, William Herns, Johannes Reit und die Ruberoid Baugesellschaft.

Zunächst wurde der Baugrund von zahlreichen Sträuchern und Bäumen befreit. Rund 2.700 m³ Erdaushub waren zu tätigen, bevor ca. 2.000 m³ Beton verarbeitet wurden. Der Bunkerausbau erfolgte aber in nicht mehr zeitgemäßer Weise, da man Decken und Wände aus nichtarmiertem Stampfbeton errichtete, was später noch zu einem Ausbau und erheblichen Mehrkosten führen sollte.

Als die vorgesehene Bauzeit ohne greifbare Ergebnisse verstrich, setzte man den Baufirmen schließlich strenge Fristen. Danach hatte der 1. Bauabschnitt mit den Erdarbeiten am 16.04.1940 abgeschlossen, mit den Beton- und Isolierungsarbeiten bis zum 25.05.1940 fertig zu sein. Der 2. Bauabschnitt wurde wie folgt eingeteilt: Bis zum 31.05.1940 mußten die weiteren abschließenden Erdarbeiten, bis zum 02.07.1940 die Beton- und Isolierungsarbeiten und bis zum 20.07.1940 der Innenausbau abgeschlossen sein.

Die Bauverzögerungen sind zum großen Teil damit zu erklären, daß der Bau des Bunkers lediglich in Dringlichkeitsstufe Baustufe III eingeordnet wurde, während normale Wehrmachtsbauten der Baustufe I zugeordnet wurden. Kaufmann beklagte sich am 10.06.1940 erneut über den schleppenden Baufortschritt. Es wurde zugesichert, daß der Rohbau zum 15.07.1940 fertig gestellt sein wird.

Ende Juli 1940 ist schließlich der Bunker mit einem Kostenaufwand in Höhe von 127.224,95 RM fertig gestellt. Am 01.10.1940 legte das Luftgaukommando XI mit Sitz in Hamburg-Blankenese fest, daß der Bunker in erster Linie Ausweichstelle für die örtliche Luftschutzleitung ist. Im übrigen ist der Bunker Befehlsstelle für den Reichsverteidigungskommissar und Den Höheren SS- und Polizeiführer Hamburg. Die Aufnahme Des Höheren SS - und Polizeiführers in den Stab um Kaufmann wurde bereits am 09.01.1940 erwogen, um zusätzliche finanzielle Mittel wegen der Kostenexplosion freizubekommen und um der unklaren Finanzierungslage zu begegnen. Obwohl der Bunker recht großzügig geplant und gebaut wurde, erwies er sich schnell als zu klein für die Masse der in der Reichsstatthalterei Beschäftigten. Deshalb durften bei Luftgefahr nur führende Stellen mit wichtigen Kräften den Bunker aufsuchen. Weniger wichtige Kräfte mußten den alten splitter- und trümmersicheren Luftschutzraum unter zwei benachbarten Gebäuden der Reichsstatthalterei aufsuchen.

Über die tatsächliche Handhabe dieser Verfügung, gerade bei schweren Bombenangriffen, ist nichts bekannt. Mit Befehl vom 25.08.1942 wurde angeordnet, daß der Bunker durch einen 1,20 m bis 1,45 m starken Betonmantel, je nach wechselnder Deckengewölbestärke, zu verstärken ist. Ursache für den Befehl war die nicht mehr genügende Bombensicherheit aufgrund des nichtarmierten Stampfbetons und unzureichende Wandstärken. Die Abdeckung des Bunkerdaches mit Erde wurde ebenfalls wegen der verdämmenden Wirkung als nicht zeitgemäß verworfen. Die einzelnen Maßnahmen werden später im Einzelnen beschrieben.

Obwohl der Bunker mit einer umfangreichen Telefonzentrale ausgestattet wurde, baute man die Fernsprechzentrale im Kellergeschoß der Reichsstatthalterei ab April 1944 splitter- und gassicher aus. Dazu wurden die Mauern mit 45 cm starken Vormauern aus Beton verstärkt.

Bautechnik

Der 1940 fertig gestellte Bunker besteht aus zwei Baukörpern mit gewölbten Decken, die wiederum überwölbt sind. Die geringste Deckenstärke beträgt 2,00 m, die Stärke der Außenwände 2,50 m. Jedes Gewölbe ist innen 3,90 m breit und 14,50 m lang. Die Trennwand, die von drei Durchgängen durchbrochen wird, ist 1,20 m stark. Die größte Höhe des Gewölbes beträgt 3,00 m, wobei auf 2,00 m Höhe die Wände senkrecht verlaufen.

Grundriß der verbunkerten Befehlsstelle (nach einem Originalplan aus dem Staatsarchiv Hamburg)

Legende

H = Haupteingang in der Form der ursprünglichen Bauausführung
T = Telefon
N = Neben-/Notausgang mit der ab 1943 vorhandenen Wandverstärkung
1 = Schleuse
2 = Stabsraum
3 = Aufnahme
4 = Telefonzellen
5 = (Telefon-) Zentrale
6 = Melder
7 = Schreibzimmer
8 = Adjutant
9 = Maschinenraum
0 = WC

Die Sohle des Bunkers liegt 4,14 m unter dem Erdniveau. Zuunterst sind zwei Lagen Ausgleichbeton gegossen, die von zwei Lagen Pappe abgedeckt sind. Darüber liegen 80 cm Beton, die Gesamtdicke der Sohle beträgt 99 cm. Dann folgt der eigentliche Bunkerboden.

Die Auskleidung der Gewölbedecke besteht aus Heraklitplatten, die zugleich als Schalung dienten und so fest mit der Decke verbunden sind. Eine Putzschicht überdeckt die Platten. Bereits 1942 lockerte sich diese Putzschicht, so daß im Zuge der allgemeinen Deckenverstärkung der alte Putz durch einen dünnen und gut haftenden Putz ersetzt wurde. Ein Großteil der überwölbten Bunkerdecke schaute aus der ehemaligen Erdoberfläche heraus und wurde mit einer Erdabdeckung versehen, die den Schutz erhöhen sollte. Wie bereits erwähnt, wurde vermutlich im Laufe des Februars 1943 der Bunker und insbesondere die Decke verstärkt. Die Außenwände wurden durch Vorschütten von Beton mit Schutzarmierung auf insgesamt 4,00 m verstärkt.

Die Erdabdeckung über dem Bunker wurde abgetragen und eine auf Betonpfeilern aufliegende Platte aus armiertem Beton errichtet. Aus damaliger Sicht bot diese Platte normalen Bombentreffern ausreichend Widerstand, bei besonders schweren Bomben sollte die Platte als Zerschellschicht wirken. Der Luftdruck der Explosion wäre dann zwischen den Betonstützen und der alten Decke zur Seite entwichen, die alte Decke hätte zudem die Trümmer abgefangen. Des Weiteren wurden die Eingänge und Treppen, die nur splittersicher ausgeführt waren, durch Vorbauten nach den damaligen neuesten Erkenntnissen geschützt. Der Umbau hatte so zu geschehen, daß der Bunker jederzeit einsatzbereit blieb. Der Bunker hatte ohne die Dachverstärkung und ohne die zwei Eingangswerke eine Grundfläche von 14,00 m Breite und 13,90 m Länge. Am Rande sei erwähnt, daß während des Baus geplant wurde, den Bunker größer, d.h. länger, zu gestalten. Der Stabsraum sollte in etwa die doppelte Länge erhalten, der Stabsleiter sein eigenes Zimmer und für geheime Besprechungen waren zwei Sonderräume vorgesehen. Auch die Maschinenanlage einschließlich eines Dieseltanks sollte auf zwei Räume ausgedehnt werden. Diese Alternative wurde aber, wahrscheinlich aus Zeit- und Kostengründen, nicht verwirklicht.

Blick in den Maschinenraum des Bunkers. Links und unten befindet sich das Junkers DieselnotstromaggregatWC beim Melderraum

Vom Hauptzugang bzw. Notausgang führten 16 Treppenstufen in die Tiefe. Durch die jeweilige Gasschleuse, Gasschutztüren und entsprechende Lüftungsanlagen wurde die Gassicherheit des Bunkers gewährleistet. Der Bunker verfügt über sieben größere Räume. Der größte Raum ist der Stabsraum, also die eigentliche Befehlszentrale im Bunker. In diesem Raum sollten sich 10 bis 15 Personen aufhalten, u.a. der Reichsstatthalter Kaufmann, der Höhere SS- und Polizeiführer, der stellvertretende Gauleiter sowie höhere Senatsbeamte. Neben Aktenschränken und Stühlen war ein großer Kartentisch als Inventar vorhanden. Straßenpläne, Karten des Wehrkreises und Karten über die Lösch- und Trinkwasserversorgung waren das Arbeitsmaterial. Für schnelle Einsätze vor Ort sollten drei Polizeikräder mit Beiwagen in Nebenstraßen bereitgehalten werden.

Blick vom Melderraum, vorne links der Durchgang zu der Telefonzentrale, durch den Flur vor dem Schreibzimmer in die Adjutanten-Unterkunft Blick von der Notschleuse in den Stabsraum. Vorne rechts eines der beiden WC’s, hinten links der Durchgang zum Flur vor dem Schreibzimmer.

Der Stabsraum ist umgeben von den Zimmern der Adjutanten, vom Schreibzimmer (zu besetzen mit zwei Damen für die Büroarbeit), vom Melderraum und von der Aufnahme.

Am Haupteingang lag schließlich die Telefonzentrale. Die Telefonzentrale ist durch Zwischenwände in die Zentrale und 5 Telefonzellen eingeteilt. Acht Telefonanschlüsse und ein Fernschreiber waren für den Bunker vorgesehen. 3 Melder, 3 Adjutanten, 5 Fahrer und Telefonistinnen besetzten die vorgenannten Räume. Einfache Holztüren sorgten für eine Trennung der Räume untereinander. Betten, Stühle und Tische waren das Grundinventar. Luftschutzgeräte und eine Luftschutzapotheke dienten der luftschutzmäßigen Versorgung. Am Notausgang lag der Maschinenraum. Im  Maschinenraum war u.a. ein Dieselaggregat der Firma „Junkers Dieselkraftmaschinen“, die Lüfteranlage und diverse Schalttafeln untergebracht. Das Dieselaggregat sollte beim Ausfall des öffentlichen Netzes die Stromversorgung im Bunker gewährleisten. Die Bunkerräume wurden mit Hilfe einer Zentralheizungsanlage beheizt. Die Heizkörper in den einzelnen Räumen wurden von dem extra vergrößerten Heizkessel des bereits bestehenden Gebäudes versorgt. Für weiteren Komfort sorgten außerdem fließend Wasser, zwei WC‘s und teilweise farbig verzierte (noch vorhandene) Wandbemalungen.

Das Ende

Im Mai 1945 spielte die Reichsstatthalterei ihre letzte Rolle. In welcher Intensität der Stabsbunker beteiligt war, ist leider bisher nicht abschließend zu klären gewesen. Die Geschehnisse in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges in und um den Bunker trugen nicht unwesentlich dazu bei, den Hamburgern nach den vielen Luftangriffen weiteres Leid, Tod und Zerstörung zu ersparen.

Am 03.04.1945 wurde die Stadt Hamburg zur Festung erklärt, die durch Schützen- und Panzergräben gesichert wurde. Der am 15.04.1945 zum Hamburger Kampfkommandanten ernannte Generalmajor Alwin Wolz, bis dahin Kommandeur der 3. Flakdivision in Hamburg, hatte seinen Gefechtsstand in einem Bunker an der Rothenbaumchaussee, wenige Gehminuten von der Reichsstatthalterei entfernt, eingerichtet, um die Verteidigung zu organisieren.

Gleichsam als Zitadelle der Festung Hamburg hatte Kaufmann ab dem 27.04.1945 das Straßengeviert Mittelweg, Harvestehuder Weg, Milchstraße und Alsterchaussee mit einem hohen Stacheldrahtzaun umgeben und durch Militärposten gesichert. In diesem Gebiet lagen neben der Reichsstatthalterei und dem dazugehörigen Bunker auch die Privatwohnung von Karl Kaufmann. Der einzige Zugang war nur über die Milchstraße mit einem Sonderausweis möglich.

Diese Festung in der Festung war neben militärischen Gründen aus der Notwendigkeit heraus geschaffen worden, da Kaufmann befürchtete, von seinen Posten abgesetzt zu werden. Es hieß, daß Heinrich Himmler und Karl Dönitz den Hamburger Statthalter beseitigen wollten, da es in Hamburg Bestrebungen gab, die Stadt nicht weiter zu verteidigen, sondern vielmehr Hamburg zur offenen Stadt erklären zu lassen. Tatsächlich ließ Kaufmann es zu, daß Wolz mit den Briten in der Lüneburger Heide Kontakt aufnahm und ihnen letztlich die Stadt am 03.05.1945 kampflos übergeben wurde. Entscheidende Vorgespräche und Verhandlungen wurden dazu in der Reichsstatthalterei abgehalten. So berief schon am 01.04.1945 Kaufmann eine Versammlung ein, an der die Spitzen der Partei und der Wehrmacht (z.B. Generalfeldmarschall Ernst Busch, Befehlshaber der Heeresgruppe Nordwest und Himmler) teilnahmen, um dafür erste Weichen zu stellen.

Doch was waren die Gründe, weshalb sich Hamburgs oberster NS-Führer vom „Kampf bis zur letzten Patrone“ distanzierte ? Der im Oktober 1900 geborene Kaufmann war schon 1929 NSDAP-Gauleiter geworden und wurde 1933 im Zuge der Gleichschaltung der Länder auch Reichsstatthalter. 1944/45 vereinigte er schließlich die fünf wichtigsten politischen Ämter Hamburgs auf sich: NSDAP-Gauleiter, Reichsstatthalter, „Führer“ der Hamburger Staats- und Gemeindeverwaltung, Reichsverteidigungskommissar im Wehrkreis X (später allerdings abgelöst durch Paul Wegener – Gauleiter des Gaues Weser-Ems) und ab 1942 auch Reichskommissar für Deutsche Seeschiffahrt. Damit besaß eine sehr große Machtfülle, die er für persönliche und Parteizwecke auch entsprechend einsetzte. Kaufmann betrieb die Einrichtung des berüchtigten Konzentrationslagers Kola-Fu in Hamburg-Fuhlsbüttel, weil ihm die Behandlung von Regimegegnern im KZ Wittmoor „zu lasch“ erschien. Weiterhin sammelte er in seiner „Hamburger Stiftung von 1937“ mehrere Millionen Reichsmark an, die aus öffentlichen Mitteln, Spenden der Wirtschaft und Abschöpfungen aus „Arisierungen“ stammten. Günstlinge und „verdiente Parteigenossen“ bediente er mit Bargeld, lukrativen Scheinämtern und Grundstücken, Häusern und Betrieben jüdischer Voreigentümer. Kaufmann war es auch, der nach einem Bombenangriff im September 1941 die Initiative ergriff, um die Hamburger Juden zu deportieren und damit in den sicheren Tod zu schicken. Seit der verheerenden Bombardierung Hamburgs Juli/August 1943 („Operation Gomorrha“) schien sich Kaufmann allerdings auf eine „persönliche Schadensbegrenzung“ für die Zeit nach dem Krieg einzustellen. Diese Anstrengungen intensivierte er dann zum Kriegsende hin.

Aus diesen Aktivitäten Kaufmanns entwickelte sich nach dem Krieg die Stilisierung Kaufmanns zum Retter der Stadt. Zwar wurde die kampflose Übergabe von Kaufmann planmäßig vorbereitet und bewußt herbeigeführt, aber alle Verantwortlichkeit an NS-Verbrechen, Judenverfolgung und Günstlingswirtschaft wurden ausgeblendet. Kaufmann wurde am 4. Mai 1945 verhaftet und interniert, jedoch bald aus gesundheitlichen Gründen entlassen. Mehrere Versuche, ihn später noch vor Gericht zu verurteilen, schlugen fehl, so daß er bis zu seinem Tod 1969 als gutsituierter Bürger in Hamburg lebte. Erst in den letzten Jahren wird diese Legendenbildung um Kaufmann, deren Grundstein 1947 durch das Buch „Das letzte Kapitel“ des Archivrates Kurt Detlev Möller gelegt wurde, nachhaltig revidiert. Zwar wurde seinerzeit schon diese Darstellung heftig kritisiert und Möller 1948 zunächst beurlaubt und 1949 ganz aus dem Staatsdienst entlassen, aber die schriftlich fixierten Thesen hatten sich schon in den Köpfen verfestigt.

Quellen:
-    Akten des Staatsarchiv Hamburg
-    Archiv des Autors
-    Kurt Detlev Möller: Das letzte Kapitel Hoffmann u. Campe Verlag, Hamburg 1947
-    Hartmut Hohlbein: Hamburg 1945, Kriegsende, Not, Neubeginn, Landeszentrale für pol. Bildung, Hamburg 1985
-    Kerstin Siebenborn: Der Volkssturm im Süden Hamburgs 1944/45 – Beiträge zur Geschichte Hamburgs, Hrsg. Kreis für Hamburgische Geschichte, Band 35, 1988
-    Werner Niehaus: Endkampf zwischen Rhein und Weser - Nordwestdeutschland 1945, Motorbuchverlag Stuttgart 1983
-    Erik Verg: Hamburg 1945 - 20 Tage zwischen Tod und Leben, Hamburg 1975


 
 

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